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Über Depression, Freitod und Dankbarkeit

Krähe im Baum.

Sorry Leute, heute kein fröhliches Beautygeplänkel, sondern ernsthafte Gedanken über einen Freitod, in den ich unfreiwillig involviert war.

Ich muss meine Gefühle und Gedanken loswerden, damit ich verarbeiten kann, was passiert ist. Gedanken drehen sich im Kreis und ich brülle mir innerlich im Kommandoton zu:

„Stell Dich nicht so an!“

Nur kann man Gedankenkarussells und Kopfkino nicht so einfach mit einem Knopf abschalten, auch wenn man es sich noch so sehr wünscht. Auch wenn man sich noch so sehr wünscht, sich zusammenreißen zu können. Immer wieder höre ich dieses Geräusch, das mir jedesmal wieder eine Gänsehaut über den Rücken jagt. Seit Sonntag Abend stehe ich etwas neben mir und möchte mich am liebsten unter eine dicke Decke verkriechen und pausenlos weinen.

Obwohl mir nichts passiert ist. Obwohl ich nichts gesehen habe. Obwohl ich nur ganz weit, an einem alleräußersten Rand involviert war. Staffage. Zur falschen Zeit am falschen Ort. Dumm gelaufen. Weiter im Programm…

Es sollte mich nicht wirklich tangieren und ich sollte eigentlich weitermachen wie immer. Schließlich bin ich gesund und wohlbehalten zuhause angekommen. In einem Zuhause, in dem ich geliebt werde und keine größeren Probleme zu wälzen habe.

Und dennoch lässt mich all das, was passiert ist, einfach nicht los.

Freitod kurz vor dem rettenden Hafen

Sonntag war ich auf dem Heimweg von einem spannenden und inspirierenden Workshop aus Hamburg. Ich war so angefüllt mit Erkenntnissen, Idee, voller Freude über die vielen neuen Kontakte, die ich gemacht hatte. Der Zug war recht leer, ich im vorderen Wagen. 6 km vor Spandau hatte der Schaffner durchgesagt, dass wir gleich ankommen würden, ich hatte mir schon den Mantel übergeworfen und die Mütze aufgesetzt. Als ich meinem Mann gerade noch eine SMS schrieb, dass wir pünktlich wie die Maurer im Bahnhof einlaufen würden…

…. und es plötzlich diesen dumpfen Schlag tat, an den sich ein Knacken, gefolgt von einem kurzen Rattern anschloss und ich in genau diesem Moment ziemlich genau wusste, was passiert war. Obwohl ich so etwas noch nie erlebt hatte. Gleich darauf wurde scharf abgebremst und unser Zug kam zum Stehen.

Stille.

Stille, in der ich dachte: „Bitte nicht…!“

Unerträgliche Stille, in der mir das Herz bis zum Anschlag pochte und ich mir wünschte, ich würde einfach nur überreagieren. Nach gefühlten Minuten meldete sich der Zugbegleiter mit deutlich belegter Stimme:

„Meine Damen und Herren….. Pause …. unsere Ankunft in Berlin Spandau …. Pause … wird sich heute auf unbestimmte Zeit verzögern…. lange Pause… im Moment müssen wir leider von einem bedauerlichen Zwischenfall ausgehen … es handelt sich möglicherweise um einen Personenschaden.“

Gleise ins Nirgendwo.

Rumms – Knack – Ratter….

Der Moment, in dem sich ein Mensch vor genau den fahrenden Zug geworfen hatte, in dem ich mich – angefüllt vor Glück – auf meine Heimkehr freute.

Die 2 Stunden, die folgten, erinnere ich die beklemmende Stille im Großraumwagen. Unterbrochen immer wieder durch einen sehr engagierten Zugbegleiter, der an diesem Abend einen großartigen Job machte. Ich erinnere Bahnpolizei, Polizei und Feuerwehrleute, die durch den Wagen gingen und fragten, ob mit uns alles in Ordnung sei, während draußen in der Dunkelheit kleine Lichtkegel von Taschenlampen aufblitzten und irgendwann der Strom abgeschaltet wurde, weil die Jungs von der Feuerwehr im Gleisbett nach der Person bzw. Teilen von ihr suchen mussten, die für sich den Freitod gewählt hatte.

Seither drehen sich meine Gedanken im Kreis. Begleitet von diesem entsetzlichen Geräusch, das ich immer wieder höre:

Rumms – Knack – Ratter…

Wie muss sich der Lokführer gefühlt haben, als ihm aus dem Nichts ein Mensch vor den Zug gesprungen ist? Was muss in Polizei, Rettungskräften und Feuerwehr vorgegangen sein, die durchs Gleisbett krochen und sich sicher gewünscht haben, sie würden dort „nur“ ein verirrtes Reh finden? Welche Panik muss in der Familie des Menschen ausgebrochen sein, als sie die Nachricht vom Suizid ihres Familienmitgliedes erfuhr?

Was treibt einen Menschen in den Freitod?

Gab es keinen anderen Ausweg?

War der Mensch krank?

War es ein Unfall?

Warum reißt jemand so viele Menschen mit in sein Schicksal hinein?

Wie geht es dem Lokführer jetzt? Und wie all den Helfern, die gestern Abend weit näher dran waren, als ich es musste?

Rumms – Knack – Ratter…

Ich spüre, dass es mir guttut, das hier alles aufzuschreiben. Nicht, weil ich mich damit wichtigmachen möchte, sondern weil es einfach raus muss. Ja, auch wenn ich so weit weg von diesem Drama bin, wie ich nur irgend sein kann.
Vielleicht bin ich eine kleine Dramaqueen. Vielleicht steigere ich mich da gerade schön in irgendetwas rein. Kann mir doch egal sein. War doch nicht mein Leben. Keine mir nahestehende Person. Hab ich doch nicht im Führerhaus des ICE 808 gesessen….

Dennoch. Die Gedanken kreisen. Und ich wünsche mir, dass das Karussel bald aufhört sich zu drehen und ich dieses furchterregende Geräusch aus meinem Kopf bannen kann.

Danke fürs Zuhören, Ihr Lieben!

Alles Liebe, Eure Anja

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17 Comments
  • Petra
    Februar 22 2017

    Oje…. ich kann Deine Gedanken ich sehr gut nachvollziehen. Ich glaube, es ginge mir ähnlich.
    Schon beim Lesen habe ich ein beklemmende Gefühl.
    Es ist furchtbar, wenn Menschen nur noch diesen einen Ausweg finden und nein, ich könnte auch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn ich die Situation so deutlich spürbar hätte miterleben müssen.
    Ich wünsche Dir, dass Du schnell wieder aussteigen kannst aus diesem Gedankenkarussell.
    LG
    Petra

  • Kerstin.k
    Februar 22 2017

    Liebe Anja,

    Dein Blog ist einer der beiden, die ich regelmäßig lese. Würdest Du mich jetzt sehen, wüsstest Du, dass ich bei Dir in die Schminkschule gegangen bin (no make up-make up kombiniert mit zwei Tipps zum Jüngerschminken …).
    Kommentiert habe ich noch nie etwas. Dieses Mal möchte ich es tun. Ich kann verstehen, wie es Dir geht, und ich kann verstehen, dass Du es teilen willst. Und teilen heißt in diesem Fall wahrscheinlich nicht, ins Nichts rausbrüllen, sondern Austausch.
    Ich glaube nicht, dass Du so weit entfernst warst. Körperlich warst Du ganz nah dran. Einer dieser Momente, von denen Rilke so ungeheuer passend sagt, dass der Tod in uns weint, während wir uns mitten im Leben meinen.
    Es ist traurig, wenn jemand keinen anderen Ausweg sieht. Aber ich kann mir vorstellen, dass man diesen Punkt erreichen kann. Schwerer zu verstehen finde ich, andere so in Mitleidenschaft zu ziehen. Ich teile Dein Mitgefühl für den Zugführer und die Menschen, die nach den Überresten suchen müssen. Ich bin ihnen auch dankbar, dass diesen Job für uns übernehmen. Und die Hilflosigkeit (vielleicht auch ein bisschen Schuldgefühl), dass wir nicht allen Menschen helfen können, weniger unglücklich und einsam zu sein und uns meistens auch keine Gedanken darüber machen, spielt in all diesen Gefühlen, die sagen: ab unter die Decke, auch eine Rolle.
    In die Trauer, dass ein Mensch sich so einsam und verzweifelt gefühlt hat, das Leben, das so wunderbar sein kann, zu vernichten, und das Mitgefühl mit denen, die darunter leiden (müssen), mischt sich bei mir aber eben auch Dankbarkeit für alles, was mir geschenkt wurde. Dass ich nicht so verzweifelt und einsam bin, dass es mir und denen, die ich liebe, so gut geht.
    Insofern hat die plötzlich wahrgenommene Nähe des Todes eben auch ihre gute Seite: Sie macht mir – und wenn ich Dich richtig verstehe – auch Dir das Gute am Leben für eine kurze Zeit doppelt bewusst.
    Ich wünsche Dir einen schönen Tag, auch und gerade, wenn Du ihn nicht unter der Decke verbringt.

  • Ulrike
    Februar 22 2017

    Liebe Anja, Danke, dass du uns vertraust. „Frei-Schreiben“ ist auch für mich die einzige Therapie. Das Geräusch … ich glaube, es wird auch mich heute durch den Tag begleiten.
    Ich bin in Gedanken bei dir.
    Herzliche Grüße und alles Gute!
    Ulrike

  • Stephanie Wassenberg
    Februar 22 2017

    Danke für diese anteilnehemenden Worte. Danke für das kurze Innehalten. Danke für das Mitgefühl.

  • heike
    Februar 22 2017

    Liebe anja ich möchte dir dringend raten darüner mit einerm therspeuten deiner wahl zu sprechen und deine gefühle ernst zu nehmen. Natürlich stehst auch du unter schock. Leider verdrängen wir all viel zuviel. Sich in einer solchen situation hilge zu holen zeugt von mut. Ich wünsche dir da§ du alles gut verarbeiten kannst.

  • Evi
    Februar 22 2017

    Liebe Anja,

    ich denke nicht, dass man hier schnell zur Tagesordnung übergehen kann. Auch ohne zu sehen kann man hautnah dabei sein. Du hast mein vollstes Mitgefühl! Leider zur Situation passend lag mir einige Tage dieser Artikel hier im Magen und im Kopf:

    http://www.morgenpost.de/berlin/article209446833/Der-Kampf-gegen-das-Trauma.html

    Ich ziehe den Hut vor diesem Menschen!

    LG Evi

  • Barbara
    Februar 22 2017

    Liebe Anja, ja, das ist schlimm auszuhalten.
    Gut, dass Du Trost suchst und findest. Bitte, bete für diesen Menschen und seine Seele, hoffe darauf, dass sie jetzt frei wird von aller Erdenangst. Zünde eine Kerze an für ihn, für die von ihm Verlassenen, für die Beteiligten und für DICH.
    Dieses Beten – ich meine damit ein konzentriertes, liebevolles Gedenken, Meditieren auf Deine je persönliche Weise – kann Dich wieder frei machen von Schock und Traurigkeit. Meine eigene Erfahrung ist, dass in vielen Situationen nur die Hinwendung auf das Nichtstoffliche (das von allen Völkern, allen Religionen verschieden benannt wird) uns zu neuen Perspektiven führt. Sie löst uns ein Stück weit vom Leid und bringt uns wieder ins Leben, in die Tat, ins tägliche liebevolle Engagement. In guten Gedanken herzlich
    Barbara

  • Sabine Stechert
    Februar 22 2017

    Liebe Anja,

    ich fahre nicht oft Zug, aber bei jedem zweiten Mal, habe ich locker 2 Std. Verspätung wg. „Personenschaden im Gleis“, wie die Bahn das nennt. Meinem Sohn, der oft lange Strecken fährt,,ist das auch schon zweimal passiert. Ich habe viel Mitgefühl mit Dir. Allerdings machen mich diese Selbstmorde wütend, vor allem wg. der Lokführer. Ein Experte sagte mal im Fernsehen, dass man als Lokführer sowas mindestens zweimal erlebt. Manche müssen dann in den vorzeitigen Ruhestand, weil sie das nicht verkraften. Wie viele Menschen verpassen deswegen jeden Tag ihre Abiarbeiten, Prüfungen, Flüge, Meetings, Vorstellungsgespräche …
    Und das, weil so ein armer Tropf sagt: „ich will nicht mehr, nach mir die Sintflut“. Eigentlich extrem egoistisch. Man sollte es auch mal so betrachten.

    Kopf hoch. Wir können hier noch froh sein, das die Gewalt und der Tod nicht jeden Tag um uns ist.

    Grüße
    Sabine

    • Sabine
      Februar 23 2017

      Liebe Sabine,
      Auch ich kann nicht verstehen, wie man andere Menschen in seinen Suizid involvieren kann- den Lokführer, die Passagiere etc.
      Aber deine Art zu schreiben , dass Menscjen zu spät zur Arbeit kommen, weil “ so ein armer Tropf nicht mehr weiter weiß , finde ich menschenverachtend. Vllt ist der “ arme Tropf“ genau an so einem Verhalten verzweifelt .
      Sabine

      • Ina
        März 1 2017

        Ich glaube, dass die Menschen, die diesen Weg wählen, nicht mehr in der Lage sind, an die Konsequenzen für andere zu denken. Freitod ist -nüchtern betrachtet- immer egoistisch. Aber mit Sicherheit wählt niemand diesen Weg, um andere (den Zugführer) mit zu bestrafen oder den Leuten einen schlimmen Tag zu bescheren. Die Tatsache, dass da ein Mensch nur noch diesen einen Weg sieht, finde ich unsagbar schlimm. Das rechtfertigt nichts, aber wer nie in der Lage war, sollte auch nicht urteilen. Denke ich, ist auch nicht böse gemeint.
        @Anja – dass dir das nahe geht, kann ich gut nachvollziehen und zeigt nur deine Menschlichkeit. Danke, dass du den Mut hattest, diese Ansicht (ich bin mir sicher, es geht vielen Menschen so) mit uns zu teilen.

  • Sabine
    Februar 23 2017

    Liebe Anja,
    Danke, dass Du Deine Gedanken und Gefühle mit uns teilst. Rede darüber, das ist das einzige , was hilft. Dass es Dich so mitnimmt zeigt, dass du ein mitfühlender, nachdenklicher Mensch bist, der nicht einfach zur Tagesordnung übergeht.
    Vllt gäbe es weniger solcher Vorfälle, wenn es mehr Menschen wie dich gäbe .
    Ich verstehe Freitodgedanken durchaus, allerdings würde ich niemanden in meine Entscheidung hineinziehen hineinziehen.
    Liebe Grüße
    Deine Sabine aus Hamburg

  • Ann
    Februar 23 2017

    Liebe Anja,
    danke für dein Vertrauen mit dem du dieses schlimme Erlebnis mit uns teilst. Ich finde nicht, dass du dich in was reinsteigerst. Du bist noch geschockt. Denkst viel nach. Hast das Herz auf dem rechten Fleck. Sei froh darüber. Der Tod, das Unglück, sie sind leider immer da und durchbrechen unvermittelt unsere vermeintliche Realität. Das Geräusch wirst du niemals vergessen.
    Ich hab auch im Vorbeikommen und völlig unbeteiligt mal so was Schlimmes erlebt und hab es gesehen, dass die Personen da in dem Auto tot waren, was sich hinterher auch bestätigt hat. Der Unfall war Sekunden vorher passiert. Ich bin auf dem nächsten Rastplatz dann erstmal rausgefahren. Da war noch eine anderen Familie mit kleinen Kindern, die Frau schwanger.
    Wir haben einen zeitlang zusammen gestanden und vor Schreck und Angst gezittert. Helfen konnten wir nicht mehr, waren froh, dass uns nichts passiert war… Ja, da muss ich auch immer dran denken. Zwei ganz junge Leute , in der Polizeimeldung stand, dass sie Geschwister waren.
    Warum erzähle sich das jetzt ? Weil ich das Gefühl habe, ich bin hier unter Freunden, unter verständigen Menschen, die alle Facetten des Lebens als das betrachten was sie sind. Unentbehrlich, aber eben Facetten.

    Liebe Anja, pass bitte gut auf dich auf und hab, so gut du kannst, jeden Tag einen guten Tag!

  • Bärbel
    Februar 23 2017

    ein frei gewählter schritt. müßig, über die gründe zu spekulieren. was ich nicht verstehen kann ist, warum man es dann nicht für sich alleine machen kann. warum ein zug? mit einem zugführer, der nicht nur die laute im kopf hat, die du beschrieben hast, sondern auch noch die bilder dazu verabreiten muss. und die ganzen passagiere. gut, dass du es rausgelassen hast, ich hoffe, das hilft dir bei der verarbeitung dieses erlebnisse.

  • claudia
    Februar 24 2017

    Liebe Anja,
    nein, du stellst nicht an … dein Mitgefühl ist etwas ganz Besonderes.
    Ein Freitod macht betroffen und die Gründe dafür bleiben ohnehin verborgen.
    Es ist schlimm, wenn ein Mensch so verzweifelt ist, dass er nicht mehr leben will. Ich glaube aber auch, dass Jemand, der sich selbst töten will , nicht darüber nachdenkt, was er Anderen damit antut oder ob es in Ordnung ist, wenn er mit seinem Tod auch seine Umwelt zum Zeugen macht, wenn doch sein eigenes Leben keinen Wert mehr hat, wo einem das eigene Leben doch am nächsten steht.
    Ein Freitod führt sicherlich noch zu einer größeren Betroffenheit als es der Tod an sich schon tut. Die Ohnmacht gegenüber tragischen Ereignissen wird hier um so deutlicher.
    Es ist sehr traurig, dass du dies miterleben musstest, weil du ausgerechnet zu dieser Zeit in diesem Zug warst. … und es ist gut, wenn du darüber schreiben kannst.
    Ich wünsche dir Geduld mit dir, dies zu verarbeiten.

  • Annette
    Februar 26 2017

    Liebe Anja, ich kann Deine Erfahrungen gut nachvollziehen. Es ist jetzt ein paar Jahre her; wir waren im ICE auf dem Weg zum Flughafen und hatten drei Wochen Urlaub vor uns. Plötzlich das allzu deutliche Gefühl, das der Zug über „etwas“ fährt. Irgendwie war mir sofort klar, was passiert ist. Und dann das übliche Prozedere. Für uns hieß das warten, warten weiterfahren, Flug umbuchen und eine Menge Geld latzen … Was mich im Nachhinein überrascht hat, war das Wechselbad der Emotionen. Einerseits war ich völlig entsetzt, den Tod eines Menschen so nahe erfahren zu müssen, andererseits war ich stinksauer. Meine Freundin (Theologin und freie Trauerrednerin) meinte dazu, ich sollte mir vor Augen halten „… mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben.“ Das ist richtig. Das ist so ungerecht. Und so wahr. Ich bin nicht dankbar für diese Erfahrung. Aber nachdenken schadet nicht.

  • Jessi
    Februar 28 2017

    Liebe Anja,
    so eine Erfahrung ist sehr hart und sicherlich nur schwer zu verdauen. Ich finde es gut, dass du so offen darüber geschrieben hast; das würde ich wohl auch tun.
    Mein Onkel ist Lokführer und ihm ist das schon zweimal passiert. Das erste Mal saß er im ICE und hat aufgrund der sehr hohen Geschwindigkeit zum Glück nicht so viel mitbekommen. Er hat nur einen undeutlichen Schatten gesehen und dann hat es geknallt. Das zweite Mal war Anfang letzten Jahres und diesmal fuhr er leider einen RE. Leider, weil ein RE nunmal nicht so schnell fährt, er den Mann glasklar sehen konnte, sofort bremste, aber so ein Koloss kommt nicht schnell genug zum stehen. Er kann erst jetzt wieder arbeiten.
    Mein Schwiegervater arbeitet u.a. als Schadensgutachter bei der Bahn und er muss auch ca. alle 2 Wochen durch halb Deutschland fahren und noch die allerletzten Reste solcher Unfälle begutachten, protokollieren und beseitigen. Dass er das noch kann grenzt an ein Wunder! Natürlich erzählt er auch mal davon (irgendwie muss das ja raus) und es ist immer schlimm zu hören, was er da so zu sehen bekommt.