Na, habt ihr schon Appetit bekommen auf das Weimarer Land und seine Genüsse? Wenn nicht, werde ich heute mein Allerbestes geben, um euch den Mund so richtig wässrig zu machen und die Reiselust auf einen Ausflug dorthin ordentlich zu steigern.
Wie im ersten Teil meines Reiseberichtes schon erwähnt: ein Highlight jagte das Nächste. Der Zeitplan für unsere kleine Gruppe war ordentlich gefüllt und die Uhren unserer Gastgeber gingen ziemlich genau.
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Der Tag beginnt mit einem herzhaften Frühstück im Resort Hotel Schloss Auerstedt. Dringend nötig, denn gleich zum Auftakt steht heute eine kleine Radtour auf dem Programm. Dietmar Meier betreibt in Bad Berka bei Weimar ein schlichtes, modernes kleines Hotel für Sportler, Radfahrer. Dazu später mehr… Angegliedert an sein Haus sind Fahrradgarage und Fahrradverleih. Außerdem führt er als Guide per Bike u.a. den Ilmtalradweg entlang. Unter fröhlichem Geschnatter zieht unsere kleine Truppe los und Dietmar entpuppt sich als hervorragender Reiseleiter. Immer mit einem Scherz auf den Lippen und mit einem Lächeln im Gesicht. Während wir über olle Goethe und den Ilmtalradweg philosophieren, immer wieder laut lachen müssen (nicht über Goethe und den Radweg, sondern einfach so…weils so schön hier ist und Dietmar einen Scherz nach dem anderen reißt), rollen wir bereits einen kleinen Hang hinunter und stehen vor der Ölmühle Eberstedt.
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Die Mühle – Hotel und Erlebnisinsel GmbH
Die Ölmühle Eberstedt ist ein idyllisches Ausflugsziel und ideal für eine ausgedehnte Rast oder einen tollen Familienurlaub.
Zwei große Gebäude liegen idyllisch eingebettet an einem kleinen See inmitten von Wald und jeder Menge Thüringischem Grün. Eins davon ist das Landhotel, in dem wir zauberhaft hübsche Zimmer mit phantasievollen Namen, wie „Mägdekammer“ oder „Zwickmühle“ und genauso liebevoll wie gemütlich und geschmackvoll sind sie eingerichtet.
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Das andere Gebäude ist eine historische Ölmühle, in der auch heute noch Senföl gepresst wird. Es gibt einen Mühlenladen, in dem wir natürlich das hauseigene Senföl verkosten (und ich einen Vorrat an Thüringer Senf kaufe – mir schmeckt das Zeug aus dem Supermarkt einfach nicht) und der einiges an tollen Thüringischen Spezialitäten bereit hält.
Auf der kleinen Insel finden wir die angekündigten schwimmenden Hütten. Verbunden durch einen Steg – miteinander und zum „Festland“. Sie sind klein und einfach. Mit Stockbetten ausgestattet. Hygiene findet außerhalb statt. Ein großartiges Abenteuer für große und kleine Kinder…ich denke sofort an Klassenfahrten.
Selbstverständlich gibt es ein kleines Streichelgehege und jede Menge Platz für Ideen und um die Natur zu genießen.
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Während wir noch auf abenteuerlicher Entdeckungsreise sind, schaut Petra prüfend auf ihre Uhr und mahnt zur Weiterfahrt. Herr Clauder wartet schon auf uns…
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Clauder Mühle Denstedt
Während wir mit dunklen Wolken um die Wette fahren, kommt mir ein altes Lied in den Sinn:
„Es klappert die Mühle am rauschenden Bach…“. Und fast genauso ist es, als wir in Denstedt in der Clauder Mühle ankommen. Nur, dass hier nix klappert, sondern eifrig gebaut wird. Eine Fischtreppe soll entstehen…
Herr Clauder geht gleich ans Eingemachte – der Stolz mit dem er Müller ist, ist aus jedem Wort herauszuhören.
Bei unserer Mühle handelt es sich um eine kombinierte Roggen- und Weizenmühle (Durchgangsmühle), die mit der Wasserkraft der Ilm angetrieben wird. Die Francis-Turbine hat eine mögliche Leistung von 35 kw. Ihre erste urkundliche Erwähnung lässt sich auf das Jahr 1170 datieren.
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Seit Dr. Rudolph Clauder 1935 die Mühle erwarb, ist viel passiert. Auch die Mühle hat sich verändert. Gemahlen wird hier in dritter Generation aber immernoch auf traditionelle Weise. Mittlerweile gibt es ein kleines Café und man kann sich zur Besichtigung anmelden. Oder sein eigenes Getreide zu Schrot, Mehl oder Kleie mahlen lassen. Oder einfach eins der guten Mehle kaufen. Beeindruckt klettern wir durch die einzelnen Etagen der Mühle. Wir bestaunen die tollen Maschinen, aus denen ein Netz aus Rohren miteinander verbunden ist. Jede Maschine mahlt einen andern Grad… der Lärm ist ohrenbetäubend, weshalb wir uns mit Frau Clauder zu heißem Kaffee und traditionellem Thüringer Kirmeskuchen ins Café zurückziehen und ihr dort Löcher in den Bauch fragen.
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Und so gern wir bleiben und plaudern wollen – unsere Agenda sieht uns zeitlich bereits weit hinter dem Plan und wir müssen weiter.
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Ziegenhof Eichelborn
Jetzt erwartet uns mit Stefanie Eberhardt nämlich die beeidruckendste Frau dieser Reise. Aber von vorn:
Babyziegen!
Stefanie weiß, wie man Herzen im Sturm erobert: sie öffnet die Tür zu einem Stall, in dem uns kleine Ziegenkinder freundlich meckernd ihre Hälse entgegenrecken.
Maximaler Fiepsalarm! Hier bleibe ich!!
Was sind die süß!!! Und ich frage mich, wie man soetwas essen kann??? Okay, sie bleiben nicht klein, aber für diesen Augenblick… unsere Schnattermündchen stehen still und wir alle genießen das Gezupfe und sanfte Geschnappe der Kleinen, die ihre Köpfe neugierig durch die Latten der Gatter stecken und wissen wollen, wer die Besucher sind und ob die was Leckeres zu essen dabei haben und sei es eine Korbtasche oder ein Jackenzipfel.
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Stefanie Eberhardt ist eine erstaunliche Frau. Fast ohne fremde Hilfe rockt sie ihre Ziegen, ein paar Hasen und Hühner. Nicht zu vergessen die beiden Hofkatzen und der alte Hofhund, der sich gleich mal auf meine Füße schmeißt, als wir mitten im Ziegenstall an einer ländlich gedeckten Tafel Platz nehmen dürfen. Es gibt Pellkartoffeln und Quark. Ziegenquark. Ich bin kein großer Fan von Ziegenkäse. Der schmeckt für mich so, wie es im Stall riecht. Dennoch will ich die Gastfreundschaft nicht beleidigen und koste ein Löffelchen Quark. Mit erstaunlichem Ergebnis: der Quark ist extrem gut gewürzt, sahnig und schmeckt ganz und gar nicht nach Ziegenstall. Ich bin sehr überrascht.
Hey, ich esse Ziegenquark!!!
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Während wir das einfache, aber köstliche Mahl genießen, erzählt uns Stefanie ihre Geschichte und unsere Augen werden immer größer. Denn sie kümmert sich nicht nur um ihre Tiere, die allein schon reichlich Zeit fordern. Nein: sie produziert Milch, Quark, Joghurt und Käse selbst. Sie verkauft all das auf Wochenmärkten. Nur eine Freundin hilft ihr dabei, aus Ziegenmilch schöne Seifen zu machen. Die Kinder sind aus dem Haus, der Lebensgefährte der das Leben auf dem Land wollte, auf und davon. Manchmal reicht das Geld vorn und hinten nicht. Aber Stefanie lächelt, streckt den Rücken und macht einfach weiter. Ihre Lieblingsziege nennt sie „Die Schöne“ und auch der alte Traktor hat einen Namen bekommen. Er ist einer der zuverlässigsten Helfer hier.
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Und wenn ein Tag zuende ist, fällt Stefanie erschöpft ins Bett. Da bleibt keine Zeit für Internet und Soziale Medien… wir stecken die Köpfe zusammen und wollen sofort helfen. Eine Internetseite bauen, einen Instagram-Kanal aufziehen… allerdings sind wir auch etwas ratlos, wie wir das mit allen unseren eigenen Aufgaben und über die Distanz bewerkstelligen sollen. Gibt es hier vielleicht Freiwillige?? Dann meldet euch sehr gern – die Karmapunkte warten… 😉
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Im kleinen Hofladen (ach ja, den gab es ja auch noch) kaufe ich eine Ziegenseife mit Lavendel. Seife aus Ziegenmilch ist nämlich extrem verträglich für die allergrößten Sensibelchen… und während wir schon wieder im Auto zum nächsten Punkt der Reise sitzen, überlege ich, wie es eine Frau ganz alleine schafft, so einen Betrieb am Laufen zu halten. Ich bin absolut beeindruckt und finde bis heute keine Worte für diese Leistung!
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Schlossimkerei Tonndorf
Auf diese Station habe ich mich besonders gefreut! Ich liebe Honig und es gibt kaum kein größeres Vergnügen für mich, als auf Reisen zu Imkereien zu fahren oder über Märkte zu bummeln und Imkerhonig zu kosten.
Beim Thema Bienensterben empfinde ich fast soetwas wie körperlichen Schmerz und wenn sich nach Sonnenuntergang eine entkräftete Biene zu uns verirrt naht meine Stunde als erklärte Bienenretterin! Weshalb mich meine Umwelt (und ihr sicher auch gleich) immer etwas kopfschüttelnd belächelt: ich füttere gestrandete Bienchen mit Honig und wenn die Frühlingsnächte noch zu kalt sind, darf sie auch bei uns übernachten und durch die Wohnung summen. Bis am nächsten Morgen die Sonne wieder da ist und sich das Bienchen zusammen mit ihr zurück zum Bienenstock orientieren kann.
Diese Story bekommt Detlef Rien (einer der insgesamt drei Schlossimker) in der Tonndorfer Schlossimkerei auch gleich mal um die Ohren gehauen. Und wisst ihr was? Er sagte: es wäre schön, wenn es mehr Menschen von meiner Art gäbe.
HA!
Da habt ihrs jetzt! Ich BIN nämlich sehr wohl eine Bienenretterin! So!
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Aber ganz davon abgesehen: Bienen sind erstaunliche kleine Lebewesen. Wir erfahren ganz viel über das Leben einer Biene. Wusstet ihr, dass es Sommer- und Winterbienen gibt? Und dass sich deren Lebenserwartung auf einen Zeitraum zwischen bis zu 6 Monate und 6 Wochen erstreckt? Dass sich ihr Einzugsgebiet in einem Radius um die 3 km bewegt? Und die Biene erst in ihrem letzten Lebensstadium Nektar sammelt? Oder dass es im Bienenstock immer eine gleichbleibend angenehme Temperatur hat? Tjahaaaa… da guckt ihr, gell? 😉
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Auch hier stehen wir beeindruckt vom Bienenwissen und unbeeindruckt vom Surren und Summen um uns herum um den Imker und staunen mittelgroße Bauklötze. Und was wäre eine kulinarische Reise ohne Honigverkostung? Jetzt schlägt nämlich meine Stunde: Kastanienhonig, Kirschblütenhonig, Heide- und Weißtannenhonig, Sommerblüte und ein paar exotische Sorten mit Vanille oder Lavendel… ich probiere sie alle und kann mich nicht entscheiden. Am Ende lasse ich ein kleines Vermögen im Hofladen und bin happy über so viel Honig!
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Velo Inn – Basislager
Was für ein Tag!
Wir sind alle ein bisschen erschöpft. Der Kopf schwirrt vor lauter Eindrücken und von all den Informationen. Diese Fülle muss erst einmal verarbeitet werden. Nur gut, dass wir einen ganz kurzen Moment ausruhen dürfen. Mit Strahlegrinsen empfängt uns unser Fahrrad-Dietmar in seiner Herberge in Bad Berka. Hier dürfen wir heute übernachten.
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Die Zimmer sind klein, aber zweckmäßig. UND: ich habe selten so gut geputzte Hotelzimmer gesehen! Das muss an dieser Stelle unbedingt mal gesagt werden. Auch wenn ich nicht explizit schaue, wenn ich auf Reisen bin: ich finde IMMER etwas. Irgendeine Dreckecke gibt es immer! Bei Dietmar im Velo Inn ist aber auch Frau Schminktante zufrieden. Im Nachbarhaus kläfft ein Hund und die Hauptstraße sagt, es ist Rush Hour – mir egal, ich hab für solche Fälle immer Ohrstöpsel am Start :-).
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Die kleine Lobby mit dem integrierten Frühstücksraum ist gemütlich und lädt ein, sich niederzulassen und ein bisschen über dies, das und das Leben zu fachsimpeln. Ich darf vorwegnehmen, dass wir hier auch ein exzellentes Frühstück bekommen werden. Klein, aber sehr fein und OHO!! Frische Wurst vom Metzger, hausgemachte Marmeladen, frisches Gemüse, Avocado (!), verschiedene selbst hergestellte Yoghurt-Varianten… also alles, nur keine Tütenwurst und Beuteltee.
Kann es einen besseren Start in den Tag geben ??
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Gasthaus „Zum Güldenen Zopf“
Unseren Abschiedsabend darf ich hier keinesfalls vergessen.
Nach einer kurzen Pause bei Dietmar im Velo Inn werden wir nämlich schon wieder weiter chauffiert. Dieses Mal geht es nach Blankenhain. Gasthaus „Zum güldenen Zopf“ steht an der restaurierten, mittelalterlichen Fassade. Dem Namen nach erwarte ich ein urtypisches Wirtshaus. Vielleicht ein bisschen ländlich eingerichtet. Kiefernholzmöbel und karierte Gardinchen im besten Fall. Allerdings werden meine Erwartungen bereits beim Eintreten übertroffen. Das Interior zeugt von erlesenem Geschmack und Stil. Dennoch ist nichts zu viel oder zu elitär. Man fühlt sich einfach sofort zuhause. Ganz viel Liebe zum Detail ist hier mit allen Sinnen erlebbar – am meisten fürs Auge und den Gaumen!
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Für das heimische Gefühl sorgt u.a. auch der Restaurantleiter (dessen Namen ich leider vergessen habe). Er begleitet uns mit dem perfekten Quentchen Geduld, Humor und Fachkompetenz durch den Abend. Auch wenn ich gefühlte 127 Jahre brauche, bis ich mich für ein Gericht entschieden habe. Ich könnt ja einmal die gesamte Karte von vorn nach hinten und wieder zurück…
Krönender Abschluss nach einem gelungenen Abend mit vorzüglicher Küche ist (abgesehen vom grandiosen Essen) wohl der Plausch mit Chefkoch Christian Driemel, der Andrea und mich sogar noch zum Dessert verführt, obwohl wir nach Vorspeise und Hauptgang schon fast platzen.
Bei meinem nächsten Thüringen-Besuch steht der „Güldene Zopf“ definitiv wieder mit auf meiner Besuchsliste. Mein Papa hat ja bald Geburtstag… vielleicht entführe ich ihn einfach mal dorthin? Das wäre auch für ihn ein Erlebnis!
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2 Tage Thüringen. Schnipps macht die Zeit und schon stehen wir wieder am Bahnhof in Weimar und müssen Auf Wiedersehen sagen. Wir sind alle ein bisschen traurig, weil wir uns schon wieder trennen müssen. Wie gern wären wir noch ein bisschen geblieben. Hätten noch ein bisschen mehr über Wein erfahren oder mit Stefanie über Ziegen gequatscht. Aber wie sagt Paulchen Panther: „Heute ist nicht alle Tage….“ 🙂
Kinder, ihr müsst auf eurer nächsten Thüringen-Tour unbedingt die allgemeinen Pfade verlassen und das Weimarer Land besuchen. Es gibt so viel zu entdecken, wie ich es selbst als Thüringerin nicht vermutet hätte. Wie ihr an der Länge der beiden Beiträge zu dieser Reise unschwer bemerkt, bin ich ganz beseelt und zehre auch 2 Wochen danach noch von den Eindrücken.
Einfach, weil Thüringen so schön ist 🙂 !
Und wer jetzt NOCH nicht genug hat vom Weimarer Land, der geht bitte mal ganz fix bei meinen Kolleginnen lesen:
Anka
Mai 11 2018Ach ja, die Heimat… *seufz* Dieses Wochenende werde ich in der Nähe von Erfurt verbringen. Zum Glück habe ich dort noch Verwandtschaft.
Ava
Mai 11 2018Liebe Schminktante,
tolle Anregungen hast du mir da gegeben. Vielen Dank dafür ! Ich habe bisher jeden Aufenthalt in Thüringen genossen und freue mich schon auf die nächsten … . Außerdem kenne ich Leute aus Thüringen, die schon durch ihre Person die beste Werbung für Thüringen sind. Schönes Wochenende!
e_klasse_horsti
Mai 12 2018Ich mag Thüringen sehr. Habe es für mich als Ruheort entdeckt und fahre gerne mal übers Wochenende ans „Zeulenroda Meer“. 2015 haben wir dort sogar geheiratet, obwohl wir beide nicht aus Thüringen kommen. Die Standesbeamtin war so toll und die Leute vom Bio Seehotel haben sich wunderbar um alles gekümmert. Ich verstehe deine Liebe zu Thüringen und den Menschen die dort leben. Immer eine Reise wert!